II. Abschnitt - Vorschriften für Rundfunk

§ 8 Festlegung der Sendezeit
(1) Die in der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten, das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF), die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) oder von dieser hierfür anerkannte Einrichtungen der Freiwilligen Selbstkontrolle können jeweils in Richtlinien oder für den Einzelfall für Filme, auf die das Jugendschutzgesetz keine Anwendung findet, zeitliche Beschränkungen vorsehen, um den Besonderheiten der Ausstrahlung von Filmen im Fernsehen, vor allem bei Fernsehserien, gerecht zu werden.
(2) Für sonstige Sendeformate können die in Absatz 1 genannten Stellen im Einzelfall zeitliche Beschränkungen vorsehen, wenn deren Ausgestaltung nach Thema, Themenbehandlung, Gestaltung oder Präsentation in einer Gesamtbewertung geeignet ist, Kinder oder Jugendliche in ihrer Entwicklung und Erziehung zu beeinträchtigen.

§ 9 Ausnahmeregelungen
(1) Auf Antrag des Intendanten kann das jeweils zuständige Organ der in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten, des Deutschlandradios und des ZDF sowie auf Antrag eines privaten Rundfunkveranstalters die KJM oder eine von dieser hierfür anerkannte Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle jeweils in Richtlinien oder für den Einzelfall von der Vermutung nach §5 Abs.2 abweichen. Dies gilt vor allem für Angebote, deren Bewertung länger als 15 Jahre zurückliegt. Die obersten Landesjugendbehörden sind von der abweichenden Bewertung zu unterrichten.
(2) Die Landesmedienanstalten können für digital verbreitete Programme des privaten Fernsehens durch übereinstimmende Satzungen festlegen, unter welchen Voraussetzungen ein Rundfunkveranstalter seine Verpflichtung nach §5 erfüllt, indem er diese Sendungen nur mit einer allein für diese verwandten Technik verschlüsselt oder vorsperrt. Der Rundfunkveranstalter hat sicherzustellen, dass die Freischaltung durch den Nutzer nur für die Dauer der jeweiligen Sendung oder des jeweiligen Films möglich ist. Die Landesmedienanstalten bestimmen in den Satzungen nach Satz 1, insbesondere welche Anforderungen an die Verschlüsselung und Vorsperrung von Sendungen zur Gewährleistung eines effektiven Jugendschutzes zu stellen sind.

§ 10 Programmankündigungen und Kenntlichmachung
(1) §5 Abs.4 und 5 gilt für unverschlüsselte und nicht vorgesperrte Programmankündigungen mit Bewegtbildern entsprechend.
(2) Sendungen für die eine entwicklungsbeeinträchtigende Wirkung auf Kinder oder Jugendliche unter 16 Jahren anzunehmen ist, müssen durch akustische Zeichen angekündigt oder durch optische Mittel während der gesamten Sendung als ungeeignet für die entsprechende Altersstufe kenntlich gemacht werden.


III. Abschnitt - Vorschriften für Telemedien

§ 11 Jugendschutzprogramme
(1) Der Anbieter von Telemedien kann den Anforderungen nach §5 Abs.3 Nr.1 dadurch genügen, dass Angebote, die geeignet sind, die Entwicklung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen zu beeinträchtigen, für ein als geeignet anerkanntes Jugendschutzprogramm programmiert werden oder dass es ihnen vorgeschaltet wird.
(2) Jugendschutzprogramme nach Absatz 1 müssen zur Anerkennung der Eignung vorgelegt werden. Die zuständige Landesmedienanstalt trifft die Entscheidung durch die KJM. Zuständig ist die Landesmedienanstalt des Landes, bei der der Antrag auf Anerkennung gestellt ist. Die Anerkennung ist auf fünf Jahre befristet: Verlängerung ist möglich.
(3) Die Anerkennung nach Absatz 2 ist Jugendschutzprogrammen zu erteilen, wenn sie einen nach Altersstufen differenzierten Zugang ermöglichen oder vergleichbar geeignet sind.
(4)Die Anerkennung kann widerrufen werden wenn die Voraussetzungen für die Anerkennung nachträglich entfallen sind.
(5) Wer gewerbsmäßig oder in großem Umfang Telemedien verbreitet oder zugänglich macht, soll auch die für Kinder oder Jugendliche unbedenklichen Angebote für ein anerkanntes Jugendschutzprogramm programmieren, soweit dies zumutbar und ohne unverhältnismäßige Kosten möglich ist.
(6) Die KJM kann vor Anerkennung eines Jugendschutzprogramms einen zeitlich befristeten Modellversuch mit neuen Verfahren, Vorkehrungen oder technischen Möglichkeiten zur Gewährleistung des Jugendschutzes zulassen.

§ 12 Kennzeichnungspflicht
Anbieter von Telemedien, die ganz oder im Wesentlichen inhaltsgleich sind mit bespielten Videokassetten und mit anderen zur Weitergabe geeigneten, für die Wiedergabe auf oder das Spiel an Bildschirmgeräten mit Filmen oder Spielen programmierten Datenträgern (Bildträgern) die nach §12 des Jugendschutzgesetzes gekennzeichnet oder für die jeweilige Altersstufe freigegeben sind, müssen auf eine vorhandene Kennzeichnung in ihrem Angebot deutlich hinweisen.


IV. Abschnitt - Verfahren für Anbieter mit Ausnahme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

§ 13 Anwendungsbereich
Die §§14 bis 21 sowie §24 Abs.4 Satz 6 gelten nur für länderübergreifende Angebote.

§ 14 Kommission für Jugendmedienschutz
(1) Die zuständige Landesmedienanstalt überprüft die Einhaltung der für die Anbieter geltenden Bestimmungen nach diesem Staatsvertrag. Sie trifft entsprechend den Bestimmungen dieses Staatsvertrages die jeweiligen Entscheidungen.
(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach Absatz 1 wird die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) gebildet. Diese dient der jeweils zuständigen Landesmedienanstalt als Organ bei der Erfüllung ihrer Aufgaben nach Absatz 1. Auf Antrag der zuständigen Landesmedienanstalt kann die KJM auch mit nichtländerübergreifenden Angeboten gutachtlich befasst werden. Absatz 5 bleibt unberührt.
(3) Die KJM besteht aus 12 Sachverständigen. Hiervon werden entsandt
- sechs Mitglieder aus dem Kreis der Direktoren der Landesmedienanstalten, die von den Landesmedienanstalten im Einvernehmen benannt werden,
- vier Mitglieder von den für den Jugendschutz zuständigen obersten Landesbehörden,
- zwei Mitglieder von der für den Jugendschutz zuständigen obersten Bundesbehörde.
Für jedes Mitglied ist entsprechend Satz 2 ein Vertreter für den Fall seiner Verhinderung zu bestimmen. Die Amtsdauer der Mitglieder oder stellvertretenden Mitglieder beträgt fünf Jahre. Wiederberufurig ist zulässig. Mindestens vier Mitglieder und stellvertretende Mitglieder sollen die Befähigung zum Richteramt haben. Den Vorsitz führt ein Direktor einer Landesmedienanstalt.
(4) Der KJM können nicht angehören Mitglieder und Bedienstete der Institutionen der Europäischen Union der Verfassungsorgane des Bundes und der Länder, Gremienmitglieder und Bedienstete von Landesrundfunkanstalten der ARD, des ZDF, des Deutschlandradios, des Europäischen Fernsehkulturkanals "ARTE" und der privaten Rundfunkveranstalter oder Anbieter von Telemedien sowie Bedienstete von an ihnen unmittelbar oder mittelbar im Sinne von §28 des Rundfunkstaatsvertrages beteiligten Unternehmen.
(5) Es können Prüfausschüsse gebildet werden. Jedem Prüfausschuss muss mindestens jeweils ein in Absatz 3 Satz 2 Nrn.1 bis 3 aufgeführtes Mitglied der KJM oder im Falle seiner Verhinderung dessen Vertreter angehören. Die Prüfausschüsse entscheiden jeweils bei Einstimmigkeit anstelle der KJM. Zu Beginn der Amtsperiode der KJM wird die Verteilung der Prüfverfahren von der KJM festgelegt. Das Nähere ist in der Geschäftsordnung der KJM festzulegen.
(6) Die Mitglieder der KJM sind bei der Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Staatsvertrag an Weisungen nicht gebunden. Die Regelung zur Vertraulichkeit nach §24 des Rundfunkstaatsvertrages gilt auch im Verhältnis der Mitglieder der KJM zu anderen Organen der Landesmedienanstalten.
(7) Die Mitglieder der KJM haben Anspruch auf Ersatz ihrer notwendigen Aufwendungen und Auslagen. Näheres regeln die Landesmedienanstalten durch übereinstimmende Satzungen.
(8) Die Landesmedienanstalten stellen der KJM die notwendigen personellen und sachlichen Mittel zur Verfügung. Die KJM erstellt einen Wirtschaftsplan nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit.
(9) Der Aufwand für die KJM wird, soweit die Aufsicht über Telemedien betroffen ist, aus allgemeinen Haushaltsmitteln der Länder im Rahmen der Finanzierung nach §18 gedeckt. Von den Verfahrensbeteiligten sind durch die zuständigen Landesmedienanstalten Kosten in angemessenem Umfang zu erheben. Näheres regeln die Landesmedienanstalten durch übereinstimmende Satzungen.
(10) Den Sitz der GeschäftssteIle der KJM bestimmen die Ministerpräsidenten einvernehmlich durch Beschluss.

§ 15 Mitwirkung der Gremien der Landesmedienanstalten
(1) Die KJM unterrichtet die Vorsitzenden der Gremien der Landesmedienanstalten fortlaufend über ihre Tätigkeit. Sie bezieht die Gremienvorsitzenden in grundsätzlichen Angelegenheiten, insbesondere bei der Erstellung von Satzungs- und Richtlinienentwürfen, ein.
(2) Die nach Landesrecht zuständigen Organe der Landesmedienanstalten erlassen übereinstimmende Satzungen und Richtlinien zur Durchführung dieses Staatsvertrages. Sie stellen hierbei das Benehmen mit den in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten und dem ZDF her und führen mit diesen und der KJM einen gemeinsamen Erfahrungsaustausch in der Anwendung des Jugendmedienschutzes durch.

§ 16 Zuständigkeit der KJM
Die KJM ist zuständig für die abschließende Beurteilung von Angeboten nach diesem Staatsvertrag. Sie ist unbeschadet der Befugnisse von anerkannten Einrichtungen der Freiwilligen Selbstkontrolle nach diesem Staatsvertrag im Rahmen des Satzes 1 insbesondere zuständig für:
- die Überwachung der Bestimmungen dieses Staatsvertrages,
- die Anerkennung von Einrichtungen der Freiwilligen Selbstkontrolle und die Rücknahme oder den Widerruf der Anerkennung,
- die Festlegung der Sendezeit nach §8,
- die Festlegung von Ausnahmen nach §9,
- die Prüfung und Genehmigung einer Verschlüsselungs- und Vorsperrungstechnik,
- die Anerkennung von Jugendschutzprogrammen und für die Rücknahme oder den Widerruf der Anerkennung,
- die Stellungnahme zu Indizierungsanträgen bei der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien und für Anträge bei der Bundesprüfstelle auf Indizierung und
- die Entscheidung über Ordnungswidrigkeiten nach diesem Staatsvertrag.

§ 17 Verfahren der KJM
(1) Die KJM wird von Amts wegen tätig; auf Antrag einer Landesmedienanstalt oder einer obersten Landesjugendbehörde hat sie ein Prüfverfahren einzuleiten. Sie fasst ihre Beschlüsse mit der Mehrheit ihrer gesetzlichen Mitglieder, bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden. Die Beschlüsse sind zu begründen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen. Die Beschlüsse der KJM sind gegenüber den anderen Organen der zuständigen Landesmedienanstalt bindend. Sie sind deren Entscheidungen zugrunde zu legen.
(2) Die KJM soll mit der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien zusammenarbeiten und einen regelmäßigen Informationsaustausch pflegen.
(3) Die KJM erstattet den Gremien der Landesmedienanstalten, den für den Jugendschutz zuständigen obersten Landesjugendbehörden und der für den Jugendschutz zuständigen obersten Bundesbehörde erstmalig zwei Jahre nach ihrer Konstituierung und danach alle zwei Jahre einen Bericht über die Durchführung der Bestimmungen dieses Staatsvertrages.

§ 18 "jugendschutz.net"
(1) Die durch die obersten Landesjugendbehörden eingerichtete gemeinsame Stelle Jugendschutz aller Länder ("jugendschutz.net") ist organisatorisch an die KJM angebunden. Die Stelle "jugendschutz.net" wird von den Landesmedienanstalten und den Ländern bis zum 31. Dezember 2008 gemeinsam finanziert. Die näheren Einzelheiten der Finanzierung dieser Stelle legen die für den Jugendschutz zuständigen Minister der Länder in einem Statut durch Beschluss fest. Das Statut regelt auch die fachliche und haushaltsmäßige Unabhängigkeit der Stelle.
(2) "jugendschutz.net" unterstützt die KJM und die obersten Landesjugendbehörden bei deren Aufgaben.
(3) "jugendschutz.net"' überprüft die Angebote der Telemedien. Daneben nimmt "jugendschutz.net" auch Aufgaben der Beratung und Schulung bei Telemedien wahr.
(4) Bei Verstößen gegen Bestimmungen dieses Staatsvertrages weist "jugendschutz.net" den Anbieter hierauf hin und informiert die anerkannten Einrichtungen der Freiwilligen Selbstkontrolle und die KJM hierüber.

§ 19 Einrichtungen der Freiwilligen Selbstkontrolle
(1) Einrichtungen Freiwilliger Selbstkontrolle können für Rundfunk und Telemedien gebildet werden.
(2) Anerkannte Einrichtungen der Freiwilligen Selbstkontrolle überprüfen im Rahmen ihres satzungsgemäßen Aufgabenbereichs die Einhaltung der Bestimmungen dieses Staatsvertrages sowie der hierzu erlassenen Satzungen und Richtlinien bei ihnen angeschlossenen Anbietern.
(3) Eine Einrichtung ist als Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle im Sinne dieses Staatsvertrages anzuerkennen, wenn
- die Unabhängigkeit und Sachkunde ihrer benannten Prüfer gewährleistet ist und dabei auch Vertreter aus gesellschaftlichen Gruppen berücksichtigt sind, die sich in besonderer Weise mit Fragen des Jugendschutzes befassen,
- eine sachgerechte Ausstattung durch eine Vielzahl von Anbietern sichergestellt ist,
- Vorgaben für die Entscheidungen der Prüfer bestehen, die in der Spruchpraxis einen wirksamen Kinder- und Jugendschutz zu gewährleisten geeignet sind,
- eine Verfahrensordnung besteht, die den Umfang der Überprüfung, bei Veranstaltern auch die Vorlagepflicht, sowie mögliche Sanktionen regelt und eine Möglichkeit der Überprüfung der Entscheidungen auch auf Antrag von landesrechtlich bestimmten Trägern der Jugendhilfe vorsieht,
- gewährleistet ist, dass die betroffenen Anbieter vor einer Entscheidung gehört werden, die Entscheidung schriftlich begründet und den Beteiligten mitgeteilt wird und
- eine Beschwerdestelle eingerichtet ist.
(4) Die zuständige Landesmedienanstalt trifft die Entscheidung durch die KJM. Zuständig ist die Landesmedienanstalt des Landes, in dem die Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle ihren Sitz hat. Ergibt sich danach keine Zuständigkeit, so ist diejenige Landesmedienanstalt zuständig, bei der der Antrag auf Anerkennung gestellt wurde. Die Einrichtung legt der KJM die für die Prüfung der Anerkennungsvoraussetzungen erforderlichen Unterlagen vor. Die Anerkennung ist auf vier Jahre befristet. Verlängerung ist möglich.
(5) Die Anerkennung kann widerrufen werden, wenn Voraussetzungen für die Anerkennung nachträglich entfallen sind oder sich die Spruchpraxis der Einrichtung nicht im Einklang mit dem geltenden Jugendschutzrecht befindet. Eine Entschädigung für Vermögensnachteile durch den Widerruf der Anerkennung wird nicht gewährt.
(6) Die anerkannten Einrichtungen der Freiwilligen Selbstkontrolle sollen sich über die Anwendung dieses Staatsvertrages abstimmen.


V. Abschnitt - Vollzug für Anbieter mit Ausnahme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

§ 20 Aufsicht
(1)Stellt die zuständige Landesmedienanstalt fest, dass ein Anbieter gegen die Bestimmungen dieses Staatsvertrages verstoßen hat, trifft sie die erforderlichen Maßnahmen gegenüber dem Anbieter.
(2) Für Veranstalter von Rundfunk trifft die zuständige Landesmedienanstalt durch die KJM entsprechend den landesrechtlichen Regelungen die jeweilige Entscheidung.
(3) Tritt die KJM an einen Rundfunkveranstalter mit dem Vorwurf heran, er habe gegen Bestimmungen dieses Staatsvertrages verstoßen, und weist der Veranstalter nach, dass er die Sendung vor ihrer Ausstrahlung einer anerkannten Einrichtung, der Freiwilligen Selbstkontrolle im Sinne dieses Staatsvertrages vorgelegt und deren Vorgaben beachtet hat, so sind Maßnahmen durch die KJM im Hinblick auf die Einhaltung der Bestimmungen zum Jugendschutz durch den Veranstalter nur dann zulässig, wenn die Entscheidung oder die Unterlassung einer Entscheidung der anerkannten Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle die rechtlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums überschreitet. Bei nichtvorlagefähigen Sendungen ist vor Maßnahmen bei behaupteten Verstößen gegen den Jugendschutz, mit Ausnahme von Verstößen gegen §4 Abs.1, durch die KJM die anerkannte Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle, der der Rundfunkveranstalter angeschlossen ist, zu befassen; Satz 1 gilt entsprechend. Für Entscheidungen nach den §§8 und 9 gilt Satz 1 entsprechend.
(4) Für Anbieter von Telemedien trifft die zuständige Landesmedienanstalt durch die KJM entsprechend §22 Abs.2 bis 4 des Mediendienste-Staatsvertrages die jeweilige Entscheidung.
(5) Gehört ein Anbieter von Telemedien einer anerkannten Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle im Sinne dieses Staatsvertrages an oder unterwirft er sich ihren Statuten, so ist bei behaupteten Verstößen gegen den Jugendschutz, mit Ausnahme von Verstößen gegen §4 Abs.1, durch die KJM zunächst diese Einrichtung mit den behaupteten Verstößen zu befassen. Maßnahmen nach Absatz 1 gegen den Anbieter durch die KJM sind nur dann zulässig, wenn die Entscheidung oder die Unterlassung einer Entscheidung der anerkannten Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle die rechtlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums überschreitet.
(6)Zuständig ist die Landesmedienanstalt des Landes, in dem die Zulassung des Rundfunkveranstalters erteilt wurde oder der Anbieter von Telemedien seinen Sitz, Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen ständigen Aufenthalt hat. Ergibt sich danach keine Zuständigkeit, so ist diejenige Landesmedienanstalt zuständig, in deren Bezirk der Anlass für die Amtshandlung hervortritt.
(7) Die Länder überprüfen drei Jahre nach In-Kraft-Treten dieses Staatsvertrages die Anwendung der Bestimmungen der Absätze 3 und 5 insbesondere auf der Grundlage des Berichts der KJM nach §17 Abs.3 und von Stellungnahmen anerkannter Einrichtungen Freiwilliger Selbstkontrolle und der obersten Landesjugendbehörden.

§ 21 Auskunftsansprüche
(1) Ein Anbieter von Telemedien ist verpflichtet, der KJM Auskunft über die Angebote und über die zur Wahrung des Jugendschutzes getroffenen Maßnahmen zu geben und ihr auf Anforderung den unentgeltlichen Zugang zu den Angeboten zu Kontrollzwecken zu ermöglichen.
(2)Der Abruf oder die Nutzung von Angeboten im Rahmen der Aufsicht, der Ahndung von Verstößen oder der Kontrolle ist unentgeltlich. Anbieter haben dies sicherzustellen. Der Anbieter darf seine Angebote nicht gegen den Abruf oder die Kenntnisnahme durch die zuständige Stelle sperren oder den Abruf oder die Kenntnisnahme erschweren.

§ 22 Revision zum Bundesverwaltungsgericht
In einem gerichtlichen Verfahren kann die Revision zum Bundesverwaltungsgericht auch darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung der Bestimmungen dieses Staatsvertrages beruhe.


VI. Abschnitt - Ahndung von Verstößen der Anbieter mit Ausnahme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

§ 23 Strafbestimmung
Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen §4 Abs.2 Satz 1 Nr.3 und Satz 2 Angebote verbreitet oder zugänglich macht, die offensichtlich geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit unter Berücksichtigung der besonderen Wirkungsform des Verbreitungsmediums schwer zu gefährden. Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Freiheitsstrafe bis zu 6 Monate oder die Geldstrafe bis zu 180 Tagessätze.

§ 24 Ordnungswidrigkeiten
(1) Ordnungswidrig handelt, wer als Anbieter vorsätzlich oder fahrlässig
- Angebote verbreitet oder zugänglich macht, die
a) entgegen §4 Abs.1 Satz 1 Nr.1 Propagandamittel im Sinne des Strafgesetzbuches darstellen,
b) entgegen §4 Abs.1 Satz 1 Nr.2 Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verwenden,
c) entgegen §4 Abs.1 Satz 1 Nr.3 zum Hass gegen Teile der Bevölkerung oder gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch Volkstum bestimmte Gruppe aufstacheln, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordern oder die Menschenwürde anderer dadurch angreifen, dass Teile der Bevölkerung oder eine vorbezeichnete Gruppe beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden,
d) entgegen §4 Abs.1 Satz 1 Nr.4 eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in §6 Abs.1 oder §7 Abs.1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, leugnen oder verharmlosen,
e) entgegen §4 Abs.1 Satz 1 Nr.5 grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen in einer Art schildern, die eine Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewalttätigkeiten ausdrückt oder die das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellt; dies gilt auch bei virtuellen Darstellungen,
f) entgegen §4 Abs.1 Satz 1 Nr.6 als Anleitung zu einer in §126 Abs.1 des Strafgesetzbuches genannten rechtswidrigen Tat dienen,
g) entgegen §4 Abs.1 Satz 1 Nr.7 den Krieg verherrlichen,
h) entgegen §4 Abs.1 Satz 1 Nr.8 gegen die Menschenwürde verstoßen insbesondere durch die Darstellung von Menschen, die sterben oder schweren körperlichen oder seelischen Leiden ausgesetzt sind oder waren, wobei ein tatsächliches Geschehen wiedergegeben wird, ohne dass ein .berechtigtes Interesse gerade für diese Form der Darstellung oder Berichterstattung vorliegt,
i) entgegen §4 Abs.1 Satz 1 Nr.9 Kinder oder Jugendliche in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung darstellen; dies gilt auch bei virtuellen Darstellungen,
j) entgegen §4.Abs.1 Satz 1 Nr.10 pornografisch sind und Gewalttätigkeiten, den sexuellen Missbrauch von Kindern oder Jugendlichen oder sexuelle Handlungen von Menschen mit Tieren zum Gegenstand haben; dies gilt auch bei virtuellen Darstellungen, oder
k) - entgegen §4 Abs.1 Satz 1 Nr.11 in den Teilen B und D der Liste nach §18 des Jugendschutzgesetzes aufgenommen sind oder mit einem in dieser Liste aufgenommenen Werk ganz oder im Wesentlichen inhaltsgleich sind,
- entgegen §4 Abs.2 Satz 1 Nr.1 und Satz 2 Angebote verbreitet oder zugänglich macht, die in sonstiger Weise pornografisch sind,
- entgegen §4 Abs.2 Satz 1 Nr.2 und Satz 2 Angebote verbreitet oder zugänglich macht, die in den Teilen A und C der Liste nach §18 des Jugendschutzgesetzes aufgenommen sind oder mit einem in dieser Liste aufgenommenen Werk ganz oder im Wesentlichen inhaltsgleich sind,
- entgegen §5 Abs.1 Angebote verbreitet oder zugänglich macht, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, ohne dafür Sorge zu tragen, dass Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufen sie üblicherweise nicht wahrnehmen,
- entgegen §6 Abs.1 Satz 1 und Abs.6 Werbung oder Teleshopping für indizierte Angebote verbreitet oder zugänglich macht,
- entgegen §6 Abs.1 Satz 2 und Abs.6 die Liste der jugendgefährdenden Medien verbreitet oder zugänglich macht,
- entgegen §6 Abs.1 Satz 3 und Abs.6 einen dort genannten Hinweis gibt,
- entgegen §7 keinen Jugendschutzbeauftragten bestellt,
- Sendeformate entgegen Sendezeitbeschränkungen nach §8 Abs.2 verbreitet,
- Sendungen, deren Eignung zur Beeinträchtigung der Entwicklung nach §5 Abs.2 vermutet wird, verbreitet, ohne dass die KJM oder eine von dieser hierfür anerkannte Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle von der Vermutung gemäß §9 Abs.1 Satz 1 abgewichen ist,
- entgegen §10 Abs.1 Programmankündigungen mit Bewegtbildern außerhalb der geeigneten Sendezeit und unverschlüsselt verbreitet,
- entgegen §10 Abs.2 Sendungen verbreitet, ohne ihre Ausstrahlung durch akustische Zeichen anzukündigen oder durch optische Mittel während der gesamten Sendung kenntlich zu machen,
- Angebote ohne den nach §12 erforderlichen Hinweis verbreitet,
- entgegen einer vollziehbaren Anordnung durch die zuständige Aufsichtsbehörde nach §20 Abs.1 nicht tätig wird,
- entgegen §21 Abs.1 seiner Auskunftspflicht nicht nachkommt oder
- entgegen §21 Abs.2 Satz 3 Angebote gegen den Abruf durch die zuständige Aufsichtsbehörde sperrt.
(2) Ordnungswidrig handelt ferner, wer vorsätzlich
- entgegen §11 Abs.5 Telemedien als für Kinder oder Jugendliche der betreffenden Altersstufe geeignet falsch kennzeichnet oder
- im Rahmen eines Verfahrens zur Anerkennung einer Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle nach §19 Abs.4 falsche Angaben macht.
(3) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 500.000 Euro geahndet werden.
(4) Zuständige Verwaltungsbehörde im Sinne des §36 Abs. Nr.1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist die zuständige Landesmedienanstalt. Zuständig ist in den Fällen des Absatzes 1 und des Absatzes 2 Nr.1 die Landesmedienanstalt des Landes, in dem die Zulassung des Rundfunkveranstalters erteilt wurde oder der Anbieter von Telemedien seinen Sitz, Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen ständigen Aufenthalt hat. Ergibt sich danach keine Zuständigkeit, so ist diejenige Landesmedienanstalt zuständig, in deren Bezirk der Anlass für die Amtshandlung hervortritt. Zuständig ist im Falle des Absatzes 2 Nr.2 die Landesmedienanstalt des Landes, in dem die Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle ihren Sitz hat. Ergibt sich danach keine Zuständigkeit; so ist diejenige Landesmedienanstalt zuständig, bei der der Antrag auf Anerkennung gestellt wurde. Die zuständige Landesmedienanstalt trifft die Entscheidungen durch die KJM.
(5) Über die Einleitung eines Verfahrens hat die zuständige Landesmedienanstalt die übrigen Landesmedienanstalten unverzüglich zu unterrichten. Soweit ein Verfahren nach dieser Bestimmung in mehreren Ländern eingeleitet wurde, stimmen sich die beteiligten Behörden über die Frage ab, welche Behörde das Verfahren fortführt.
(6) Die zuständige Landesmedienanstalt kann bestimmen, dass Beanstandungen nach einem Rechtsverstoß gegen Regelungen dieses Staatsvertrages sowie rechtskräftige Entscheidungen in einem Ordnungswidrigkeitsverfahren nach Absatz 1 oder 2 von dem betroffenen Anbieter in seinem Angebot verbreitet oder in diesem zugänglich gemacht werden. Inhalt und Zeitpunkt der Bekanntgabe sind durch die zuständige Landesmedienanstalt nach pflichtgemäßem Ermessen festzulegen.
(7) Die Verfolgung der in Absatz 1 und 2 genannten Ordnungswidrigkeiten verjährt in sechs Monaten.